#6 Bio?!

fullsizeoutput_ef1Ich war mal total „Bio“. Als Kind wuchs ich bei meinen Eltern in biologischen und ökologischen Verhältnissen auf. Damals waren die Ökos total verpönt. In der Stadt in welcher wir lebten, gab es gerade mal einen!Bioladen. Hier gingen nur die Hardcores rein. Die mit den Cordhosen und den Wollsocken in den Sandalen. Während meine Schulkameraden Nike und Adidas Schuhe trugen, durfte ich im Sommer Sandalen und im Winter Lederschuhe mit Kautschuksohle tragen. Ich habe mich geschämt. Als einziger in der Klasse musste ich einen Fahrradhelm tragen. Und glaubt mir, im Jahre 1988 sahen  die Fahrradhelme noch ein wenig anders aus als heute.

Wir aßen also als gefühlt als einzige Familie auf diesem Planeten dunklesBrot mit hausgeschrotetem Getreide, wir waren die einzige Spezies die Tee von selbst gesammelten Blüten trank, waren Gemüsefresser und natürlich nicht geimpft. Gleichgesinnte fanden wir nur bei den regelmäßigenEinkaufsnachmittagen im dem Bioladen, an dessen Geruch ich mich heute noch ganz genau erinnern kann. Es war eine Mischung aus Kellergeruch und Käse, komischen Menschen mit Zöpfen, Bart und Wollsocken mit Sandalen, dazu die angeregten Gespräche der Gleichgesinnten und im Hintergrund eine laut surrende Kühltheke.

10 Jahre später war ich von zuhause ausgezogen, endlich ein eigenes Zimmer in der großen Stadt. Ich konnte essen was ich wollte. Endlich. Trotz Ausbildung zum Koch in einem Sternerestaurant ernährte ich mich in meiner Freizeit von Döner, Pizza, Fertigprodukten und Burgern in den üblichen verdächtigen Kettenrestaurants. Ja, ich hatte einiges zu kompensieren. Von Bio wollte ich überhaupt nichts wissen. Das war ja sowas von uncool. 

Wieder 10 Jahre später war Bio zu einem Lifestyle geworden ohne dass ich es gemerkt hatte. Die Bio-Supermärkte schossen aus dem Boden wie Pilze und es war total chic im Bioladen oder Bio-Supermarkt einzukaufen. Jau! Das gefiel mir. Und meine damalige Freundin war eine total schickeÖkotussi. Ich war ja schließlich auch ein Öko-Kind und auf einmal waren die Ernährungsgepflogenheiten für die ich in meiner Kindheit gehänselt wurden ziemlich „hip“. Puhh, da hab ich aber nochmal Glück gehabt, was?
Keiner hat´s gemerkt, dass ich ein paar Jahre fremd gegangen bin. Die nächsten Jahre war ich wieder total Bio ohne mir darüber Gedanken zu machen, was das eigentlich alles soll. 

Heute fällt mir dieser Text spontan ein, nachdem ich am Nachmittag mal wieder in einem Bio-Supermarkt war. 4 Jahre zurückblickend habe ich bereits Abstand vom Bio Hype genommen. In Plastik verpacktes Gemüse aus Spanien,  Marokko und Israel hat für mich nichts mit Bio zu tun. Bio-Kartoffeln aus Ägypten gehen für mich einfach gar nicht. Die ersten grünen Spargelstangen im März und oh weh, bald geht es wieder los mit unreifengrünrotenErdbeeren in der Plastikschale aus den südlichen Ländern, die nach allem anderen schmecken als nach Erdbeere. Und die ganzen Super Ökos packen es in Ihren Einkaufswagen und fühlen sich gut dabei.

Für mich ist Bio= regional&saisonal. Ich gehe auf den Markt. Hier in Freiburg haben wir das Glück, täglich einen oder mehrere Wochenmärkte zu haben. Lieber kaufe ich beim „NichtBioBauern“ als im Bio- Supermarkt.

Auf den Markt gehe ich bepackt mit einem Korb, einem Rucksack oder einer gebrauchten Tüte. Auf dem Markt kaufe ich zum größten Teil was gerade bei uns wächst.

Hunderte Generationen vor uns haben den Winter auch ohne Tomaten, Paprika, Auberginen und Himbeeren aus Peru überlebt.

Noch zweiGenerationen vor uns haben sich Ende April auf den ersten Rhabarber gefreut. Ende Mai gab es die ersten Erdbeeren und Spargel war eh nicht so „in“ wie heute. Den gab es dann auch nur im Mai und bis in den Juni hinein.

Jeder soll natürlich kaufen dürfen was er möchte. Jeder soll aber auch mal ein wenig nachdenken, was der Kauf von -weit her transportiertem- Gemüse, in Plastik  für Auswirkungen auf unseren Planten, für uns und vor allem! für unsere nachkommenden Generationen hat. 

Und wo gehst du denn das nächste mal Einkaufen? 

#5 Fleischeslust

fullsizeoutput_1326Ich esse gerne Fleisch. Sehr gerne sogar. Weil es mir wirklich sehr gut schmeckt und es mir als Koch unglaubliche Freude macht, dem Geräusch von brutzelndem Fleisch in der Pfanne zuzuhören oder Knochen ganz langsam anzubraten und dann über mehrere Stunden einen herrlichen Fond köcheln zu lassen.

Allerdings, muss ich dazu sagen, esse ich nicht alles Fleisch. Ich esse ausschließlich Fleisch von regional gezüchteten Tieren.  Woher ich das weiß? Ich interessiere mich dafür. Ja, es gibt ihn noch, den Metzger des Vertrauens, der Euch die Adresse vom Bauernhof gibt, wo er seine Tiere kauft.

Leider nicht die freundliche Fleischtheke aus der Supermarktwerbung die auf regional setzt. Es ist leider auch nicht jeder kleine Metzger um die Ecke. Viele kaufen direkt beim Großmarkt, das Fleisch in Teilen um so die liebe Kundschaft mit Filet und Rücken zu bedienen. Schulter, Bauch, Hals, diese Teile werden immer weniger gekauft. Es gibt wenige Köche, die einen köstlichen Braten aus der Schulter oder ein anständiges Gulasch zubereiten können. Ganz ehrlich, ein Stück Filet oder Rücken zu braten ist keine Kunst. Ein Teilstück vom Tier,  in unserer Gesellschaft als „nicht so hochwertiges Fleisch“ bekannt, macht mehr Arbeit und erfordert vor allem mehr Fachwissen.

Auch ich bin der Meinung, wir sollten viel weniger Fleisch essen und uns in der Tierhaltung zu entwickeln und die Massentierhaltung einzudämmen sowie auf unserer Gesundheit zu achten. Die Auflagen für die Tierhaltung sollten viel höher sein, und dagegen sollten die Auflagen für kleine Metzger niedriger gehalten werden. Von vielen Metzgern höre ich, dass sie nicht mehr selbst schlachten, weil die EU zu hohe Auflagen und Anforderungen stellt, die aus finanziellen Gründen für Kleinbetriebe nicht denkbar sind. Konzerne und Fleischfabriken profitieren davon. Ich möchte zu gerne wissen, wer da überall dahinter steckt.

Für mich gibt es unter der Woche wenig bis kein Fleisch, vielleicht mal eine Bratwurst oder Speck, dafür ordentlich Gemüse der Saison. Und hier ist ganz klar auch bei mir noch mehr Potenzial drin. Schnelle vegetarische Küche für den Alltag, und zwar nicht nur Pasta oder Ofengemüse. Eine Herausforderung die ich demnächst angehen werde und über die ich hier berichten werde.

Einer meiner Punkte auf meiner „Bucket List“ ist, einen Bauernhof zu besitzen, meine eigenen wenigen Tiere zu züchten, zu schlachten und dann zu verarbeiten. Zu Schinken, Speck, Ragout, Dosenwurst.

Bei uns Zuhause, da gab es früher immer Samstags ein Suppenfleisch und Sonntags einen Braten. Eine großartige Tradition, die ich bei mir Zuhause schon lange wieder eingeführt habe.

Wenn es Sonntags in der Küche duftet und man sich richtig auf das Essen freut, und nicht als selbstverständlich sieht, dass es Fleisch gibt. Lieber wenig Fleisch, dafür in bester Qualität. Für mich, genau die richtige Einstellung.

Während nun die Suppe auf dem Herd köchelt, bereite ich mich voller Freude auf meinen Kochkurs mit Innereien vor. Innereien sind gleichwertig wie jedes andere Stück Fleisch und wir sollten wissen, auf was wir dabei achten sollten und wie wir sie zubereiten. Sonst geht diese Wissen leider auch verloren.

Knusprige Schweineohren, gebackenes Lammhirn und pochierte Stierhoden. Klingt komisch, ist aber auch einfach vom Tier und kann gegessen werden.

#4 Mit oder ohne Lebensfreude?

IMG_0805„Wenn jemand sein Geld mit Straßenkehren verdient,dann sollte er die Straßen so kehren, wie Michelangelo malte, so wie Beethoven komponierte, wie Shakespeare seine Dramen schrieb.“ … sagte einst Martin Luther King.

Würde ich die Straße kehren, dann wohl mit größter Sorgfalt und mit dem besten Besen, den es gibt. Ich würde hier und da eine Tulpenzwiebel in die Erde stecken und mich dann daran erfreuen, wenn diese im Frühling aufgeht. Auch würde ich auf eine gute Arbeitskleidung Wert legen und die Menschen, welche mir auf der Strasse begegnen würden , mit einem Lächeln bereichern.

Da ich glücklicherweise derzeit mein Geld in meinem Traumberuf als Koch und Gastgeber verdienen darf, koche ich, wie es mir in den Sinn kommt. Ich koche mit  Sorgfalt, mit den besten Messern und lasse in jedem Gericht besondere und vor allem gute Produkte zur Geltung kommen. Ohne vollkommene Zutaten kein vollkommenes Gericht. Ohne Freude am Kochen, kein Geschmack.

Ohne Freude am Tun, keine Lebensfreude. Ohne Lebensfreude? Macht keinen Sinn oder?

So einfach ist es. Danke.

#2 Eine Freudenträne fürs Brot

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Mach‘ die Augen zu. Na mach schon. Also nein, geht ja gar nicht. Bitte erst lesen und dann die Äugelein schließen und sich der Vorstellung von einem frisch gebackenen Brot hingeben. Haben wir ein Pech, dass die Backkultur so auf dem absteigenden Ast ist. Ketten – und Aufbackbäcker reihen sich in den Städten und – ich kotz gleich – am Rande von schönen Dörfern in den schönen Einheitsbauten der üblen verdächtigen Discounter. Gutes Brot ist zu (m)einem Luxusgut geworden. Aber wollen wir mal nicht über die Schlechten, sondern über die Guten Dinge sprechen.

Was ist Glück? Glück ist, unter anderem, einen Bäcker in der Stadt oder im Dorf zu haben der Wert auf Tradition und Handarbeit legt, und von morgens um 6 Uhr bis abends um 18 Uhr frisch backt anstatt aufbackt. Ich könnte ausflippen, nein ich flippe regelmäßig aus, tanze auf meinem Küchentisch, wenn ich in das Baguette meines Lieblingsbäckers reinbeißen darf, solange es noch warm ist. Frisch aus dem Ofen, einen Korb voller Baguettes in meinem Auto und ich bin tatsächlich gefährdet einen schweren Verkehrsunfall zu verursachen, da meine Augen mit Freudentränen gefüllt sind. Klingt verrückt – ist aber tatsächlich so.

Als Koch werde ich oft gefragt, was mein Lieblingsessen ist. Die Antwort lautet schon lange nicht mehr, dass ich am liebsten Steinbutt mit Hummersauce und Venere Risotto esse. Auch nicht schlecht, ehrlich gesagt. Aber das war 90 er, als ich die Sterneküche kennengelernt habe. Am allerliebsten esse ich eine dicke Scheibe Bauernbrot mit Schwarzwälder Rohmilchbutter direkt von der Bäuerin mit knirschendem Meersalz drübergebröselt. Dazu esse ich einen Apfel. Extrem knackig, leicht süß und mit viel Säurespiel. Vielleicht Topaz oder Elstar.

Dieses kleine Glück hat seinen Preis. Ja! Und ich meine hier nicht die 60 Cent, die diese Kreation mehr kostet als Backshop Schrott. Der Preis ist die Zeit, meine Zeit, die da drauf geht um diese vier! Zutaten aus sicherer Quelle zu erstehen.

Ich stelle mich also in die Schlange beim kleinen Bäcker. Anstatt auf dauernd auf die Uhr zu sehen atme ich tief die herrlichen Gerüche ein, bestaune Brötchen, Brezeln, Brote und Gebäck. Träume ein wenig, manchmal auch mehr. Eine kleine Auszeit im Alltagsstress.

Auf dem Markt tratsche ich mit den Menschen anstatt vor einer dauerpiependen Computerkasse meine Ohren Volldröhnen zu lassen und freue mich über die Gespräche.

Warum das alles? Weil ich einer von diesen Menschen bin der ohne diesen verdammten Luxus einfach nicht mehr Leben kann – sorry, nicht mehr leben möchte.

Mach die Augen zu. Jetzt!

#1 Lieblings -brösel

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Wir alle haben Lieblings. Ich habe viele Lieblings, aber ich kann mich jeden Tag in einem neuen Lieblings finden das mich umhaut, mitreißt und mir den Tag versüßt und ein Lächeln auf die Lippen zaubert, welches ich dann mit den Menschen um mich herum dann teilen darf. Manchmal, wenn ich mich still und heimlich über mein Lieblings freue und schmunzeln muss entdeckt mich meine siebenjährige Tochter oft dabei und fragt mich, an was ich gerade gedacht habe. Ich erzähle ihr dann von meinem heutigen Lieblings und wir freuen uns meistens beide gemeinsam.

Mein erstes Lieblings, über welches ich hier bei „Kochende Gedanken“ schreibe, sind BröselBrösel am liebsten in Butter. Du kannst auch „Bröselbutter“ sagen.

Obwohl ich Koch bin, plane ich selten das Mittagessen. Spontan kommen mir gute Ideen oder einfach Klassiker auf den Tisch oder Dingediewegmüssen aus dem Kühlschrank werden verkocht. Oberstes Gebot, es darf nicht wirklich viel länger als 15, naja maximal 20 Minuten dauern.

Am heutigen Mittag verspürte ich eine unglaubliche Sehnsucht nach Bröselbutter. Doch was verdammt noch mal mache ich dazu? Ich kann doch nicht nur Bröselbutter auftischen! Zu breiten Bandnudeln hat meine Großmutter immer Brösel gemacht, ach wie herrlich. Breite Nudeln? Dauert zu lange. Und gekaufte? Jetzt fang bloß nicht an zu spinnen, ja?  Knödel? Hmmm, das machen wir nächste Woche mal. Topfenknödel mit Vanillesauce und Bröselbutter. Allerdings ist Blumenkohl in Bröselbutter ein wohl eines der leckersten Gerichte die ich kenne.

Also, zur Sache jetzt! Kühlschrank auf, Eier raus, schnell verquirlt, eine ordentliche Prise Salz dazu, Mehl eingerührt und schon sprudelt das Wasser sprudelig auf meinem Gasherd daher und die Spätzle tanzen über den Hobel, dass es nur so eine Freude ist.

Haben wir noch Käse? Eine Stück Cheddar aus dem Vormonat und von Silvester noch eine Ecke Raclette. Zack – durch die Reibe gefegt, Zwiebeln gehackt und in Butter angedünstet, hack den Knoblauch dazu, Spätzle aus dem Wasser und auf geht’s, mit der Schaumkelle abtropfen lassen, hinzugeben, Käse drüber – schmelzen lassen, schwenken, Salz & Pfeffer. eine mini Prise Piment d´Espelette!

Ein kurzer Moment der Stille. Es duftet so herrlich hier. Stop!

Es muss weiter gehen, das wichtigste fehlt doch…kleine Pfanne auf den Herd, ein ordentliche Pflatsch Butter rein, schmelzen, braun, brauner, und ab mit den Bröseln, eine knirschende Prise Fleur de Sel, ja das ist Musik in meinen Ohren. Bröselbutter über die Käsepätzle? Ich sehe leider keine Spätzle mehr.

Bröselbutter – mein heutiges aller – Lieblings! Guten Appetit.